von Sanja Plevovic
Steigende Energiepreise sind ja nun wirklich kein neues Thema mehr. Leider laufen viele Energiespartipps ins Leere, weil sie einfach nicht funktionieren. Und noch viel ärgerlicher sind die Leute, die denken, dass jeder so einfach erstmal einen Haufen Geld ausgeben kann, um dann Energie zu sparen.
Wie gesagt: Es kann sich lohnen, aber beileibe nicht in jedem einfachen Fall. Auch wenn Dir die Anbieter gerne kostenlos vorrechnen, was zu investieren ist, und was es Dir nutzt, wirst Du nie wissen, wem Du trauen kannst. Deswegen ist es am besten, wenn Du das Thema Energiekosten selber in die Hand nimmst.
Und – sind wir ganz ehrlich: Die meisten Hinzes und Kunzes in unserem Kiez haben schlicht und ergreifend keine 20 K übrig, die sie mal eben so raushauen können, damit sie in 15 Jahren ein Plus beim Energieverbrauch machen. Das ist ja leicht zu verstehen.
Die einfachen Energiespartricks, die man im Alltag ohne große Probleme – und vor allem ohne Investitionen – umsetzen kann, taugen bei näherem Hinsehen meist nichts, was ich in einem anderen Blogbeitrag vorgerechnet habe.
Ich kann Dir nicht drei versäumte Schuljahre Physikunterricht in fünf Minuten beibringen, aber auf das Energiethema beschränkt ist die ganze Chose gar nicht so kompliziert. Und das erzählt Dir ein kleines Mädchen aus Kroatien (ich). Dann hat der Crashkurs schon geholfen.
Es war von den Herstellern – naja, eigentlich den Gesetzgebern – sicherlich gut gemeint, als für Elektrogeräte die Energieeffizienzklassen eingeführt wurden. Diese Herangehensweise hat aber einen großen Nachteil. Der Aufkleber auf einem Kühlschrank sagt Dir einzig und allein, ob der eine Kühlschrank besser, oder der andere Kühlschrank schlechter ist. Das hilft aber nur wenig dabei, ein Verständnis für Energiekosten zu bekommen, und gar nichts, wenn Du nicht eh grad zufällig einen neuen Kühlschrank brauchst.
Energie!
(Kapitän Jean-Luc Picard)
Es wäre viel wichtiger, zu wissen, wie viel an der Gesamtrechnung am Ende des Jahres durch den besten aller Energiesparkühlschränke überhaupt eingespart werden kann. Das sagt Dir aber niemand. Außer natürlich wir hier von 1×1-FINANCE mit unserem Crashkurs. Ich bin dann mal so frei…
Ich gebe zu, ich musste die Formeln auch erst einmal nachlernen, da ich Physik nur bis zur zehnten Klasse gehabt habe. Wirklich schwierig sind die Formeln aber nicht. Ich lasse die normierten Zeichen für die physikalischen Einheiten weg, denn die stören nur beim Verstehen. Nehmen wir uns das Thema lieber ganz plastisch zur Brust:
Bild: Die Rechnung ist einfach. Mal kurz konzentrieren, dann ist Dir alles klar!
Jedes Haushaltsgerät verrichtet eine Arbeit. Der Staubsauger bläst Luft durch die Gegend, das Bügeleisen heizt sich selber auf, die Waschmaschine dreht eine schwere Trommel mit nassen Klamotten im Kreis. (Streng genommen gilt die Erzeugung von Wärme nicht als Arbeit, aber das ignorieren wir einfach, weil es nicht wichtig ist)
Für jede Arbeit wird eine bestimmte Menge Energie benötigt, und weil das so ist, haben Arbeit und Energie auch die gleiche physikalische Einheit, das Joule. Die Energie für elektrische Geräte wird oft in Leistung × Zeit ausgedrückt, also zum Beispiel Wattsekunde. Und siehe da: Ein Joule und eine Wattsekunde sind genau das gleiche.
Dein Stromanbieter Berechnet Dir pro Kilowattstunde einen bestimmten Geldbetrag. Eine Stunde hat 3600 Sekunden, ein Kilowatt hat 1000 Watt, die Kilowattstunde besteht also aus 3,6 Mio Wattsekunden. Dabei kommt es auf das gleiche heraus, ob Du ein Gerät mit 1000 Watt Leistung eine Stunde lang verwendest, oder eins mit 10 Watt 100 Stunden lang. Physikalische Größen sind unbestechlich.
Hast Du dank dieses kleinen Crashkurses die Sache mit den Wattsekunden und den Kilowattstunden verstanden, werden viele Dinge plötzlich durchschaubar – und sie werden nebensächlich. Dann hast Du die Energiekosten selber im Griff!
Nach diesem kleinen Ausflug ins Reich der Schulphysik begeben wir uns wieder zurück in unser echtes Leben. Zum Verstehen war das jetzt einfach nötig.
Stell Dir vor, Dein Vater (oder Dein Mann oder Deine Frau) sitzt im Wohnzimmer und liest die Zeitung. Mit einem Deckenfluter hat er den Bereich um seinen Ohrensessel herum schön beleuchtet, damit seine alten Augen nicht ermatten. Als Du ins Zimmer kommst, ermahnt er (oder sie) Dich, dass Du das Radio laufen hattest, obwohl Du gar nicht daheim warst. So eine Energieverschwendung! Lass‘ das mal nicht den Trittin hören..!
Da lohnt es sich, kurz nachzurechnen. Ein typischer Halogenstab im Deckenfluter verbraucht zwischen 300 und 500 Watt. Dein Kofferradio, wenn Du es so laut aufgedreht hast, dass es genau ein Watt verbraucht, macht dabei schon ohrenbetäubenden Lärm. Für eine Stunde Zeitunglesen könntest Du also zwei Wochen in Urlaub fahren, und Dein Radio auf normaler Lautstärke laufen lassen, hättest aber immer noch weniger Strom verbraucht.
Mit dem Wissen, das Du hier gesammelt hast, lässt Du Dir einfach keinen Schmarrn mehr erzählen. Verstehen ist das A und O.
Damit ergibt sich ein neues Problem. Es gibt auch Blödsinn, der auf ganz anderem Niveau erzählt wird, als es die Bild-der-Frau anbietet. Seit ich meine Physik-Schulbildung nachgeholt habe, schwirren mir die Gedanken. Thema: Wir sollen ja auf nationaler Ebene energieeffizient werden. Also fahren wir mit dem Zug, anstatt mit dem Auto.
Die deutsche ICE-Flotte betrug laut Statista im Jahr 2022 die stolze Zahl von 367 Zügen unterschiedlicher Modelle. Sie haben eine Dauerleistung von je 8000 Kilowatt, oder 8 Megawatt. Das ist also der Strom, den sie durchschnittlich dauerhaft aus der Leitung ziehen, während sie von Hamburg nach Berlin fahren. Oder von Freiburg nach Karlsruhe.
Die in Deutschland so beliebten Windkraftanlagen gibt es in unterschiedlicher Ausführung. Ein sehr weit verbreitetes Modell ist die Siemens Enercon G66. Sie leistet im Idealfall 1,5 Megawatt. Ideal heißt starker stetiger Wind aus der gleichen Richtung. Laut der Leipziger Strombörse liefern deutschlandweit die Anlagen nur ca. 21 Prozent der Maximalleistung.
Acht Megawatt (für den ICE) geteilt durch Klammer auf 1,5 Megawatt × 21% Klammer zu. Das kannst Du ja inzwischen selber ausrechnen. Pro Zug werden 25 Windräder für den Strom benötigt. Laut Bundesverband Windenergie laufen auf deutschem Boden 28.443 Anlagen (Stand 2022). Davon werden also 9175 für die ICE-Flotte benötigt. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass jeder dieser Züge ein paar Stunden täglich auf dem Abstellgleis steht - dann sind es noch rund 7500. Dabei haben wir noch nicht die ICs, ECs, den Regional-, den Nah- und den Güterverkehr mit eingerechnet.
Nachdem ich das durchgerechnet habe, habe ich Angst, dass ich bald mein Smartphone nicht mehr aufladen kann. Und da wünschte ich, dass das der Trittin sehen könnte. Aber da er meinen Artikel nicht gelesen hat, würde er das wohl eh nicht verstehen… Nicht Dein Problem - Hauptsache, Deine Energiekosten gehen runter!
Sanja Plevovic
Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, wirklich hilfreiche Informationen zu verfassen. Deshalb lehne ich jegliche Werbung in meinen Texten ab.